KlimaschutzWein Themen

The Pure Riesling 2019

Weintrauben vollkommen naturrein zu erzeugen, daran arbeitet das Weingut Burg-Martini seit langem. Die Verwirklichung sollte im Jahr 2019 passieren. In einem geeigneten Weinberg ließ man Weintrauben vollständig ohne Pflanzenschutz, Düngung und Emissionsausstoß heranreifen. Dieses im konventionellen und im Bio/Öko-Weinbau bislang kaum denkbare Unterfangen hielten bzw. halten wir das Wagnis wert. 

Der Klimawandel beeinflusst mittlerweile den Weinbau im Rheintal stark. Dies zeigen die Erfahrungen in der Außenwirtschaft seit 2000 im Weingut. An den Rheinhängen sank in Folge der höheren Temperaturen, verminderten Niederschläge und längeren Trockenperioden der Krankheitsdruck für die Hauptkrankheiten der Reben in den meisten Jahren erheblich ab. Mehltau und Botrytis traten, bis auf wenige Ausnahmejahre und in besonderen Lagen, seltener auf bzw. erzeugten bei Befall weniger schwerwiegende Krankheitsbilder. 

Die eigentliche Herausforderung in dem Projekt ist das hohe Risiko des Ertragsausfalls: Im Versuchsweinberg wird es im günstigsten Falle eine volle Ernte im ungünstigsten einen Totalausfall geben. Der wesentliche Gesichtspunkt sind die unvorhersehbaren Witterungsbedingungen im Jahresverlauf. Sie bestimmen Befall und Ausbreitung der typischen Pflanzenkrankheiten an Blättern und Trauben der Reben. Beispielsweise werden die pilzlichen Hauptkrankheiten wie Mehltau oder Botrytis durch feucht-warmes Wetter gefördert. 

Dem wird im konventionellen und im Öko-/Bio-Weinbau entgegengewirkt, indem in regelmäßigen Zeitabständen Pflanzenschutzmaßnahmen durchgeführt werden. In der Regel in Vorsorge. So werden im Weinbauunternehmen die Weinberge während der Hauptvegetationsperiode etwa alle 2 Wochen mit bestimmten Pflanzenschutz- oder Stärkungsmitteln innerhalb eines Spritz- oder Behandlungsplanes befahren. Übers Wirtschaftsjahr werden so in bis zu 10 Behandlungsgängen erhebliche Mengen an Pflanzenschutzmitteln chemisch-synthetischer Art oder nach Richtlinien des Bio-/Ökoweinbaus versprüht. Dies verursacht diverse Umweltbelastungen und Emmissionen durch Einsatz von Arbeitsmaschinen. Ein Vergleich im übertragenen Sinne: Der Mensch nähme durchs gesamte Jahr hindurch vorsorglich Antibiotika ein, um den Krankheitsfall auszuschließen, ohne zu wissen, ob Infektionen ihn überhaupt erreichten.  
Wenn der Winzer bzw. die Winzerin die im Pflanzenschutz empfohlenen Behandlungspläne wesentlich verändert oder ausdünnt, steigt das Risiko der Minderung von Menge und Qualität der Trauben. Abhängig von der Lage und dem Witterungsverlauf wäre beispielsweise das Auslassen von einzelnen Behandlungsängen durchaus möglich. Dies erfolgt jedoch selten, da der Einspar-Effekt von Pflanzenschutzmitteln und Maschineneinsatz im Vergleich zum Risiko des Ertragsschadenss als zu gering erachtet wird. Diese Betrachtung lässt jedoch den Gesichtspunkt der Umweltbelastung außer Acht.

Unser Weingut versucht neue Wege: In 2019 wurden im Falle absehbar geeigneter Voraussetzungen, besondere Risiken zum Wohle der Natur eingegangen. Zur Risikostreuung wurde ein Teil der Betriebsflächen konventionell und der zweite mit stark redziertem Pflanzenschutzaufwand bewirtschaftet. Die dritte Fläche war unser "Doppel-Null-Experiment", indem man vollkommen auf Pflanzenschutz, Düngung etc. und auf Arbeitsmaschinen mit Verbrennungsmotoren verzichtete. Das Experiment soll zeigen, dass der allgemein praktizierte, vorsorgende Pflanzenschutz fallweise eingeschränkt werden könnte. Unser Außenbetrieb konnte so in 2019 rund 50 % an Pflanzenschutz und Maschineneinsatz einsparen und damit Umwelt und Klima entsprechend schonen.

Der Winzer bzw. die Winzerin wissen seit jeher mit Risiken im Unternehmen umzugehen. Mit schwer kalkulierbaren äußeren und selbstbestimmten Risiken. Wenn beispielsweise der Erntetermin in Erwartung höhere Qualitäten hinausgeschoben wird, im Extrembeispiel etwa für die Herstellung von Eiswein. Ähnlich könnte die Risikobereitschaft im Pflanzenschutz zukünftig aufgefasst werden. Freilich in Entscheidungsbefugnis des Winzers bzw. der Winzerin, der bzw. die nach Erfahrung Ort und Umfang der Einschränkungen bestimmt.  

Ist der Ansatz ein Kuriosum oder zukunftsfähiges Modell? Für Unternehmen erscheint eine Wirtschaftsweise nur akzeptabel, wenn Risiken wirtschaftlich abgefedert und Existenzbedrohungen ausgeschlossen werden. Fortentwickelte Modelle im Pflanzenschutz könnten für viele Betriebe gängig werden, würde das Risiko abgesichert. Etwa in Form einer neuen Versicherung, vergleichbar der gegen Hagel, oder eines Ausgleichsfonds. Die betrieblich zu leistenden Prämien könnten aus der Ersparnis der Aufwendungen für den Pflanzenschutz teilweise finanziert werden. Damit würden der Winzer abgesichert und Natur bzw. Klima in jedem Falle profitieren. Die Rechnung dürfte sicherlich dann aufgehen, wenn die sog. Umweltkosten einkalkuliert würden, wie es in vielen Wirtschaftsbereichen zukünftig zu erwarten steht. 
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Die "Doppelnull" - Initiative

Umwelt und Klima gehen alle an. Unternehmen haben eine besondere Verantwortung. Unser Weingut will einen Beitrag leisten und versucht neue Wege zu gehen. 

Die Rebe besitzt einen naturgegebenen Schutz gegen Krankheiten und Schädlinge. Der soll durch die im Weingut entwickelte Bewirtschaftungsform eines "Naturspaliers" möglichst vollkommen zur Entfaltung gebracht werden. Im konventionellen Weinbau oder dem nach Bio- oder Öko-Richtlinien werden zur Abwehr von Krankheitsbefall planmäßig bestimmte Maßnahmen zum Pflanzenschutz durchgeführt.

Im Weinberg des doppelnull „The Pure Riesling“ wird gänzlich auf vorbeugende oder heilende Pflanzenschutzmaßnahmen verzichtet.
Weiter wird weder gedüngt, noch CO2 oder Schadstoffe durch Bearbeitungsmaschinen ausgestoßen. Dies dürfte weltweit einzigartig und im Einklang mit Natur, Umwelt und Klima derzeit die vollkommenste Form der Traubenerzeugung darstellen.
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Der Projekt-Weinberg

Ein Weinberg mit 52 Jahre alten Riesling-Reben in abgeschirmter Steillage ist Ort des Projekts. Rund 2.000 Weinreben stehen auf 2.800 qm Schiefer-Boden in starker Hanglage mit südöstlicher Sonneneinstrahlung. 

Abgeschirmter Weinberg:
Da das Grundstück abgeschirmt von den umliegenden, konventionell bewirtschafteten Weinbergen liegt, ist der Eintrag von fremden Stoffen in den Randbereichen so gut wie ausgeschlossen. Der Weinberg ist an beiden Längsseiten durch brachliegende Parzellen, die mit Gras, Kräutern und teilweise Sträuchern bewachsen sind, von den benachbarten Weinbergen abgegrenzt. Bergseitig verlaufen ein Wirtschaftsweg und eine Böschung, talseitig eine Trockenmauer und ein Wirtschaftsweg.
 
Weinanbaugebiet: Mittelrhein  Lagenbezeichnung: Oberweseler Römerkrug
 
Rahmenbedingung der Lage:
Das zum Rhein hin aufgeweitete Seitental mit südöstlicher Hangausrichtung zeichnet sich durch eine außergewöhnlich gute Durchlüftung aus. Der Schiefer-Verwitterungsboden mit Lös-Lehmanteilen bietet eine betont mineralische Nährgrundlage für die Rebstöcke. Seit etwa dem Jahr 2000 wurden in den Weinberg keine chemisch-synthetischen oder organischen Düngemittel eingebracht. Anspruchsvoll ist die trocken-warme Lage mit nur etwa 450 mm Niederschlag im Jahr; also eine der trockensten Weinlagen in Deutschland. In dem Zusammenhang profitieren die Riesling-Reben von ihrem vergleichsweise hohen Alter, in dem sie Witterungserfahrung sammeln und über 10 m tief wurzeln konnten.

Bewirtschaftung:
Es handelt sich um eine Rebanlage, in der die Rebstöcke in engen Zeilen  längs zum Hang in 1963 gepflanzt wurden. Als Erziehungseinrichtung dient ein Spalier-Drahtrahmen. Aufgrund der teilweise über 60 %igen Steigung wurde der Weinberg bis 2018 im Seilzug oder mit Kettenschleppern bewirtschaftet. Bis 2018 erfolgte die Bodenbearbeitung, der Pflanzenschutz und die Laubarbeit teilweise per Hand und teilweise mechanisch. Der Weinberg nimmt schon seit etwa 2000 am EU-Steillagenprogramm teil, dass eine umweltschonende Bewirtschaftung nach Richtlinien vorschreibt.
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Unsere Welt schützen. Jetzt!

Am "Earth Overshoot Day" haben wir Menschen alle natürlichen Ressourcen aufgebraucht, die die Erde innerhalb eines Jahres regenerieren und nachhaltig zur Verfügung stellen kann. Der Verbrauch der natürlichen Ressourcen steigt jährlich an und der "Earth Overshoot Day" verlagert sich dadurch immer weiter nach vorne.

Im Jahr 2023 sind die Erdressourcen bereits am 2. August nach dieser fiktiven Rechnung erschöpft. 

Wir überschreiten (engl. overshoot) den uns gegebenen Rahmen und greifen auf die Reserven der Erde zurück, welche über Millionen Jahre angelegt wurden. Diese Rechnung wird nicht ewig aufgehen.
Quelle: https://www.wwf.de/earth-overshoot-day/

Die Erzeugung von Nahrungsmitteln wurde in den vergangenen Jahrzehnten durch Maschinen-, Pflanzenschutz- und Düngemitteleinsatz im weiter perfektioniert. Im Sinne des Verbrauchers, der Nahrungsmittel in gewünschter Qualität und zu günstigen Preisen kaufen will. Aber auch im Sinne des Erzeugers, der heute mehr Fläche rationeller und mit weniger Personal bewirtschaften muss. 

Die Entwicklung ist teilweise durchaus positiv: Die konventionelle Landbewirtschaftung versucht schon aus Kostengründen den Ressourceneinsatz zu deckeln. Im Rahmen der EU- Agrarpolitik gibt es Programme, die Landwirte und Winzer zu nachhaltiger Wirtschaftsweise verpflichten oder freiwillige Maßnahmen finanzieren. Im Bio- oder Öko-Landbau wird eine besonders umweltschonende Wirtschaftsweise nach verschiedenen Richtlinien praktiziert. Auch die Verbraucher beziehen Gesichtspunkte der Gesundheit und der Umwelt zunehmend in ihre Kaufentscheidung ein.

Absehbar scheinen die aktuellen Ansätze und das Tempo jedoch kaum auszureichen, um Klimawandel und Umweltzerstörung zu bremsen. Die Politik ist zum Handeln gezwungen. Den Nahrungsmittelherstellern und den Verbrauchern dürften Reformen ins Haus stehen. Die Regelungen dürften kompliziert, kaum abzustimmen und schwierig umsetzbar sein. Es wird dauern, bis Maßnahmen greifen und Effekte sichtbar werden. 

Dabei dürften Erzeuger und Verbraucher doch am besten um ihre Rahmenbedingungen und Möglichkeiten wissen. Wenn viele ihre Produktions- bzw. Lebensweise in Selbstverantwortung anpassten, könnte dem Klima rasch und entscheidend geholfen werden.
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